Aktuell rechnet man in Deutschland ungefähr mit 8 Millionen Vegetariern. Laut VEBU.de ernähren sich 1,3 Millionen Menschen sogar rein pflanzlich, also vegan. Wie sieht es während der Schwangerschaft aus? Kann sich eine schwangere Frau vegetarisch ernähren? Reichen die Nährstoffe zur Deckung des täglichen Bedarfs aus oder benötigt euer Körper zusätzliche Nahrungsergänzungen? Was ihr als Vegetarier in der Schwangerschaft beachten müsst, lest ihr hier.
Vegetarische Ernährung deckt Nährstoffbedarf bei Schwangeren
Entsprechend des Bundesministeriums für Ernährung kann mit einer rein vegetarischen Ernährung während der Schwangerschaft der tägliche Bedarf an Nährstoffen abgedeckt werden. Jedoch ist es notwendig, dass Schwangere vorwiegend innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate pro Tag
- 100 bis 150 µg Jod
- 400 µg Folsäure
zusätzlich aufnehmen. Eine ausgewogene Ernährung in der Schwangerschaft wird durch den Verzehr von
- Eiern
- Gemüse
- Milch
- Obst
- Vollkornprodukten
abgedeckt.
Wer ferner keinen Fisch isst, benötigt eine ergänzende Tagesdosis von 200 mg DHA – Docosahexaensäure. Ob dem Körper in der Schwangerschaft wichtige Mikronährstoffe fehlen, kann anhand einer Blutuntersuchung festgestellt werden.
Darüber hinaus ist es für schwangere Vegetarierinnen bedeutsam, auf den Eisenwert zu achten. Eisen nimmt eine maßgebliche Stellung bei der Sauerstoffversorgung des wachsenden Kindes und der Mutter ein. Hilfreich kann es sein, zu jeder Mahlzeit ein Glas frisch gepressten Orangensaft zu trinken, um die Aufnahme zu optimieren. Auch Paprikaschoten oder weitere Nahrungsmittel, in denen reichhaltig Vitamin C vorkommt, sind empfehlenswert.
Erhöhter Bedarf an Nährstoffen in der Schwangerschaft
Im Rahmen einer Schwangerschaft führen die verschiedenen Veränderungen im Organismus der Frau zu Beginn noch nicht zu einem erhöhten Nährstoffbedarf (Ausnahme ist Folat). Mit Beginn des vierten Schwangerschaftsmonats tritt hier jedoch eine Änderung ein. Es werden größere Mengen an
- Mineralstoffen: Jod, Zink, Kalzium und Eisen
- essentiellen Fettsäuren
- Nahrungsenergie
- Protein
- Vitaminen Folat, A, B12 und B6
benötigt.
Bedarf an Jod
Eine Erhöhung der Jodaufnahme pro Tag für schwangere Frauen, welche eine vegetarische Ernährung vorziehen, von bislang 200 µg auf 230 µg dient der Vorbeugung von Fehlgeburten sowie der Unterversorgung des Fötus. Schwangere, die sich der lakto- oder ovo-vegetarischen Ernährung zugewandt haben, können diesen Bedarf aus Milchprodukten entnehmen. Ferner sind geringe Jodmengen in Meeresalgen enthalten. Vor allem aber bekommt ihr euren Bedarf an Jod aus jodiertem Speisesalz.
Bedarf an Zink
Um eine Deckung des Bedarfs an Zink zu erreichen, solltet ihr die Zufuhr von 15 mg auf 20 mg täglich erhöhen. Aktuellen Studien zufolge weisen schwangere Vegetarierinnen kaum einen geringeren Zinkmangel auf als Schwangere, die Fleisch essen. Trotzdem sollte auf eine ausreichende Zufuhr geachtet werden. Zink ist vornehmlich in Hülsenfrüchten, Nüssen, Ölsamen und Vollgetreiden enthalten. Einen ausführlichen Bericht über Zink in der Schwangerschaft haben wir auch für euch geschrieben.
Bedarf an Kalzium
Kalzium braucht ihr nicht unbedingt extra zu euch nehmen. Allerdings kommt es bei einer Unterversorgung zu einer Entnahme von Kalzium aus den Knochen der Mutter. Euren Bedarf an Kalzium deckt ihr mit Sesam, Nüssen, Soja- oder Hafermilch und kalziumreichen Mineralwasser ab.
Bedarf an Eisen
Frauen wird empfohlen, während der Schwangerschaft ihre Eisenaufnahme je Tag auf 30 mg anzuheben. Liegt ein Eisenmangel vor, so kann dies zu Fehlentwicklungen des Fötus oder zu einer Fehlgeburt führen. Besonders in Vorbereitung auf die Geburt, wo viel Blut verloren wird, ist ein Vorrat an Eisen sehr wichtig. Eisen findet ihr in den pflanzlichen Produkten, wie Hülsenfrüchte, Vollgetreide, Nüsse und Samen. Vitamin C unterstützt euren Körper bei der Eisenaufnahme. Zusätzliche Eisenpräparate nehmt ihr bitte nur nach Rücksprache mit eurem Arzt ein.
Schwangere Frauen, die auf eine vegetarische Ernährung setzen, sind zwar nicht öfter von einem Mangel des Spurenelements Eisen betroffen. Jedoch konnte in durchgeführten Studien ein wesentlich höher liegender Eisenmangel in den letzten drei Schwangerschaftsmonaten nachgewiesen werden. Besonders viel Eisen befindet sich in Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen und Vollgetreide.
Eine Aufwertung der Eisenaufnahme wird in Verbindung mit dem Verzehr von Nahrungsmitteln, die über einen erhöhten Vitamin C-Gehalt verfügen, wie beispielsweise Obst und Gemüse erreicht. Die Einnahme von Eisenpräparaten empfiehlt sich ausschließlich für Patientinnen, bei denen ein Eisenmangel diagnostiziert worden ist.
Bedarf an essentiellen Fettsäuren
Für die Entwicklung von Augen und Gehirn des Fötus spielen mehrfach ungesättigte Fettsäuren eine entscheidende Rolle. Die Sprache ist von Arachidonsäure und Docosahexaensäure (DHA). DHA ist überwiegend in Fischölen nachweisbar. Aber auch der Organismus selbst ist in einem kleinen Maße fähig, diese Fettsäure selbstständig aus der essentiellen α-Linolensäure zu gewinnen. α-Linolensäure kommt in Ölen pflanzlichen Ursprungs vor.
Beim Verzehr von Eiern, kann aus diesen eine geringe Menge von DHA entnommen werden. Zusätzlich wird Schwangeren, die sich vegetarisch ernähren, empfohlen, jeden Tag einen Teelöffel Leinöl zu sich zu nehmen.
Euer Bedarf an Nahrungsenergie
Ein erhöhter Bedarf an Nahrungsenergie unterliegt im Rahmen einer Schwangerschaft oftmals einer Überschätzung. Das heißt, dass viele Schwangere gern viel essen, weil sie ja „doppelt“ essen müssen. Das ist aber so nicht ganz richtig. Eine zusätzliche Energieaufnahme von 250 kcal pro Tag ist völlig ausreichend. Für die vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft bedeutet dies, dass ihr Energie hauptsächlich aus Nahrungsmittel wie Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Gemüse und Obst beziehen solltet.
Zusätzlicher Bedarf an Protein (Eiweiß)
Mit Beginn des vierten Monats einer Schwangerschaft wird eine größere Proteinmenge benötigt. Um stets neues Gewebe bilden zu können, benötigt der Fötus rund 20 % mehr Eiweiß. Für schwangere Frauen, die sich der vegetarischen Ernährung zugewandt haben, bedeutet dies eine Entnahme von Protein aus Nahrungsmitteln pflanzlichen Ursprungs wie Nüssen, Vollgetreide, Ölsamen und Hülsenfrüchten. Empfehlenswert ist es, die pflanzlichen Lebensmittel den tierischen (Eier etc) vorzuziehen, weil letztere meistens mehr Energie und Cholesterin liefern.
Gesteigerter Bedarf an Vitaminen für Vegetarierinnen in der Schwangerschaft
Folsäure
Von maßgeblicher Bedeutung für Vegetarierinnen in der Schwangerschaft ist die ausreichende Versorgung mit Folat. Das Vitamin trägt zur Beeinflussung der Neubildung und Zellteilung bei. Sollte im ersten Schwangerschaftsmonat Folat nicht genügend zugeführt werden, kann dies zu schweren Schädigungen am zentralen Nervensystem des Fötus führen. Schwangere, die sich vegetarisch ernähren, sind in der Regel besser mit dem Vitamin versorgt. Enthalten ist Folat hauptsächlich in grünem Blattgemüse und Kohl, Hülsenfrüchten sowie in Vollgetreide. Einen ausführlichen Ratgeberartikel über die Folsäure vor, nach und in der Schwangerschaft findet ihr auf unseren Seiten.
Vitamin A
Während der Schwangerschaft wird vermehrt Vitamin A benötigt, damit der Fötus sich gut entwickeln kann. Zu finden ist Retinol vorzugsweise in orange- und grünfarbenem Gemüse wie Brokkoli und Möhren. Aprikosen weisen einen Reichtum an ß-Carotin auf, was zu einer verbesserten Versorgung mit Vitamin A beiträgt. Achtet darauf, während der Schwangerschaft KEINE Vitamin A-Nahrungsergänzungsmittel zu euch zu nehmen, da diese euer ungeborenes Baby schädigen könnten.
Vitamin D
Das Vitamin D hingegen müsst ihr in der Schwangerschaft nicht erhöhen. Jedoch sind wir im Großen und Ganzen ohnehin mit Vitamin D unterversorgt, so dass wir insbesondere in der Schwangerschaft auf eine ausreichende Menge von 20 µg täglich achten sollten. Vitamin D findet ihr hauptsächlich in fettreichen tierischen Lebensmitteln. Die Sonne bildet dieses Vitamin in eurer Haut. Aber besonders in den Wintermonaten, kommt eure Sonnenpause pro Tag sicherlich zu kurz. Sprecht mit eurem Arzt, es kann wirklich sinnvoll sein, eure Nahrung mit zusätzlichem Vitamin D anzureichern.
Vitamin B12
Liegt eine Unterversorgung mit dem Vitamin B12 vor, kann dies Komplikationen in der Schwangerschaft und schwere Nervenschäden beim Kind nach sich ziehen. Ferner ist ein angeborener Herzfehler in diesem Fall keine Seltenheit. Empfohlen wird eine Erhöhung von 3,0 µg auf 3,5 µg pro Tag. Vegetarierinnen decken ihren Bedarf durch den Verzehr von Eiern und Milchprodukten. Ernährt ihr euch vegan, gibt es nach derzeitigem Wissenstand keine andere Möglichkeit, als dieses Vitamin ergänzend zu nehmen. Lasst das Vitamin regelmäßig über das Blut überprüfen.
Vitamin B6
Mit zunehmendem Eiweißbedarf wird auch mehr Vitamin B6 benötigt, genauer gesagt 1,9 mg je Tag. Frauen, die sich vegetarisch ernähren, erreichen diese benötigte Menge durch den Verzehr von Avocados, Bananen, Hülsenfrüchte, Kohl, Ölsaaten, Vollgetreide und Walnüssen.
Das Vitamin B6 ist wichtig für den Aminosäurestoffwechsel.
Was muss ich sonst noch beachten?
Wir empfehlen, euch nicht verunsichern zu lassen. Fühlt ihr euch müde, niedergeschlagen, könnt irgendwelche Mängel an Haut, Haaren, Nägel etc feststellen – so sucht bitte zunächst einen Arzt auf. Dass ihr euch vegetarisch ernährt, sollte dort seit dem ersten Gespräch zur Schwangerschaftsuntersuchung bekannt sein. Euer Arzt kann einen Bluttest machen und euch bei Bedarf Tipps geben, wie ihr gegebenenfalls die fehlenden Nährstoffe zu euch nehmen könnt. Bitte greift erst nach Absprache mit dem Arzt zu Nahrungsergänzungsmitteln. Wenn ihr behaupten könnt, euch gesund und ausgewogen zu ernähren, so müsst ihr eigentlich nichts befürchten.
Ernährt ihr euch vegan, empfehlen wir euch eine Ernährungsberatung vorzunehmen, um während der Schwangerschaft alle möglichen Forderungen eures Körpers abzudecken.
Ein regelmäßiges Überprüfen der Blutwerte ist absolut ratsam und gibt euch die nötige Sicherheit.
Kaddarina
09.06.2020, 08:23
Klingt sehr aufwändig und ist sicherlich nicht ganz leicht! Große Bewunderung an all die, die es schaffen, das umzusetzen